Befähigte Person & Sachkundige Person

Für die Prüfung von Anschlageinrichtungen sind qualifizierte Prüfpersonen erforderlich. Erfahren Sie, welche Anforderungen gelten, welche Unterschiede bestehen und wie Sie die erforderliche Qualifikation erlangen.

Unterschied: Befähigte vs. Sachkundige Person

KriteriumBefähigte PersonSachkundige Person
RechtsgrundlageBetrSichV § 2 Abs. 6, TRBS 1203Verschiedene Technische Regeln
AusbildungAbgeschlossene BerufsausbildungStudium oder Meister/Techniker
BerufserfahrungMind. 1 JahrMind. 2-5 Jahre (je nach Bereich)
PrüfaufgabenWiederkehrende PrüfungenKomplexe/außerordentliche Prüfungen
UnabhängigkeitKann betriebsangehörig seinMeist externe Stelle erforderlich
ZertifizierungNicht erforderlichOft erforderlich/empfohlen

Wichtig zu wissen

Für die wiederkehrende jährliche Prüfung von Anschlageinrichtungen ist eine befähigte Person ausreichend. Für außerordentliche Prüfungen (z.B. nach Sturz, Umbau) kann je nach Komplexität einesachkundige Person erforderlich sein.

Befähigte Person nach BetrSichV

Rechtliche Grundlagen

Die befähigte Person ist definiert in:

  • § 2 Abs. 6 BetrSichV: Definition der befähigten Person
  • § 14 BetrSichV: Prüfung von Arbeitsmitteln
  • TRBS 1203: Befähigte Personen - Allgemeine Anforderungen
  • TRBS 2121 Teil 1: Gefährdung durch Absturz (spezifisch)

Anforderungen an die Befähigung

Nach TRBS 1203 muss eine befähigte Person folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Berufsausbildung

Abgeschlossene Berufsausbildung in einem für die Prüfaufgabe relevanten Bereich:

  • Dachdecker, Zimmerer, Klempner (für Dacharbeiten)
  • Metallbauer, Schlosser (für Stahlkonstruktionen)
  • Gerüstbauer (für Fassadenarbeiten)
  • Industriekletterer (mit entsprechender Ausbildung)
  • Fachkraft für Arbeitssicherheit
  • Meister oder Techniker im relevanten Bereich

2. Berufserfahrung

  • Mindestens 1 Jahr praktische Tätigkeit im Bereich
  • Erfahrung mit Installation oder Nutzung von Anschlageinrichtungen
  • Kenntnisse über Aufbau und Funktion verschiedener Typen

3. Zeitnahe berufliche Tätigkeit

  • Aktuelle berufliche Beschäftigung im relevanten Bereich
  • Regelmäßiger Umgang mit Anschlageinrichtungen
  • Kontinuierliche Weiterbildung zu Normen und Vorschriften

4. Fachkenntnisse

Kenntnisse folgender Regelwerke und Normen:

  • DIN EN 795 (Anschlageinrichtungen Typ A-E)
  • DIN EN 363, 361, 362, 795 (PSAgA)
  • DGUV Vorschrift 1 (Grundsätze der Prävention)
  • DGUV Regel 112-198 (Benutzung von PSAgA)
  • DGUV Information 201-056 (Planungsgrundlage)
  • BetrSichV und TRBS 2121
  • Herstellerunterlagen der zu prüfenden Systeme

Feststellung der Befähigung

Die Befähigung wird durch den Arbeitgeber festgestellt:

  • Prüfung der formalen Qualifikation (Ausbildung, Berufserfahrung)
  • Bewertung der Fachkenntnisse (ggf. durch Befragung oder Test)
  • Schriftliche Beauftragung der Person als befähigte Person
  • Dokumentation der Befähigung (Nachweis für Behörden)

Wichtig: Keine Zertifizierungspflicht

Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Zertifizierung für befähigte Personen. Der Arbeitgeber stellt die Befähigung fest. Schulungen und Zertifikate können jedoch die Qualifikation dokumentieren und sind bei Prüfungen durch Behörden hilfreich.

Sachkundige Person

Wann ist eine sachkundige Person erforderlich?

Eine sachkundige Person ist erforderlich bei:

  • Außerordentlichen Prüfungen nach schwerwiegenden Ereignissen (Sturz, Beschädigung)
  • Komplexen Systemen (z.B. individuell gefertigte Sonderlösungen)
  • Sicherheitstechnischen Änderungen an bestehenden Anlagen
  • Erstprüfungen nach Installation (kann auch befähigte Person sein)
  • Erstellung statischer Berechnungen (Tragwerkplaner, Statiker)
  • Abnahmeprüfungen bei behördlichen Auflagen

Anforderungen an sachkundige Personen

Sachkundige Personen benötigen eine höhere Qualifikation:

  • Ausbildung: Ingenieurstudium, Meister oder Techniker
  • Berufserfahrung: Mind. 2-5 Jahre im Fachbereich
  • Spezialkenntnisse: Vertiefte Kenntnisse in Statik, Werkstoffkunde, Normen
  • Weiterbildung: Regelmäßige Fortbildung zu aktuellen Entwicklungen
  • Zertifizierung: Oft durch Berufsgenossenschaft oder akkreditierte Stellen

Beispiele für sachkundige Personen

Statik und Berechnung

  • Bauingenieure (Tragwerksplanung)
  • Prüfingenieure für Baustatik
  • Sachverständige für Standsicherheit

Prüfung und Abnahme

  • Sachverständige für Absturzsicherung
  • Aufsichtspersonen der Berufsgenossenschaften
  • Zertifizierte Prüfer mit Sachkundenachweis

Akkreditierung und Zertifizierung

Sachkundige Personen können durch folgende Stellen akkreditiert/zertifiziert sein:

  • TÜV: Zertifizierung zum Sachkundigen für Absturzsicherung
  • DEKRA: Sachkundigenprüfung und -nachweis
  • Berufsgenossenschaften: Schulungen und Nachweise
  • Ingenieurkammern: Listung als Prüfingenieur
  • IHK: Sachkundigenprüfungen in verschiedenen Bereichen

Ausbildung und Schulung

Schulung zur befähigten Person

Verschiedene Anbieter bieten Schulungen zur befähigten Person an:

Typischer Schulungsinhalt (2-3 Tage)

  • Tag 1: Rechtliche Grundlagen und Normen
    • BetrSichV, ArbSchG, DGUV Vorschriften
    • DIN EN 795 und weitere relevante Normen
    • Pflichten und Verantwortung der befähigten Person
    • Haftungsrechtliche Aspekte
  • Tag 2: Technische Grundlagen
    • Typen von Anschlageinrichtungen (A, B, C, D, E)
    • Aufbau, Funktion und Komponenten
    • Befestigungstechnik und Untergrundprüfung
    • Mängelerkennung und -bewertung
  • Tag 3: Praktische Prüfung und Dokumentation
    • Durchführung von Sicht-, Funktions- und Messprüfungen
    • Praxisübungen an verschiedenen Anschlageinrichtungen
    • Erstellung von Prüfprotokollen
    • Schriftliche Prüfung / Zertifikatstest

Anbieter von Schulungen

  • TÜV Rheinland / TÜV NORD / TÜV SÜD: Befähigte Person für Anschlageinrichtungen
  • DEKRA Akademie: Schulungen und Zertifizierungen
  • Berufsgenossenschaften: Kostenlose oder vergünstigte Seminare für Mitglieder
  • Herstellerschulungen: Typ-spezifische Schulungen (z.B. für Typ C Seilsysteme)
  • Private Bildungsträger: Verschiedene Anbieter mit akkreditierten Lehrgängen

Kosten

SchulungsartDauerKosten (ca.)
Befähigte Person (Grundlagen)2-3 Tage600-1.200 €
Befähigte Person (Auffrischung)1 Tag300-500 €
Sachkundige Person (Vollkurs)5-7 Tage1.500-3.000 €
Herstellerschulung (typ-spezifisch)1-2 Tage400-800 €

Fortbildungspflicht

Befähigte Personen sollten sich regelmäßig fortbilden:

  • Häufigkeit: Empfohlen alle 3-5 Jahre
  • Inhalte: Änderungen in Normen, neue Produkte, Praxiserfahrungen
  • Anlass: Bei wesentlichen Änderungen der Regelwerke früher

Pflichten und Verantwortung

Pflichten der befähigten Person

  • Sorgfältige Prüfung: Gewissenhafte und vollständige Durchführung der Prüfung
  • Unabhängigkeit: Objektive Bewertung, keine Beeinflussung durch Dritte
  • Dokumentation: Vollständige und wahrheitsgemäße Protokollierung
  • Mängelmeldung: Sofortige Information des Betreibers bei gefährlichen Mängeln
  • Stilllegung: Bei Gefahr in Verzug Empfehlung zur Außerbetriebnahme
  • Verschwiegenheit: Vertraulicher Umgang mit Betriebsinformationen
  • Fortbildung: Aktualisierung der Kenntnisse bei Regelwerksänderungen

Haftung

Haftungsrisiken

Befähigte Personen können für fehlerhafte Prüfungen haften:

  • Strafrechtlich: Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz (Körperverletzung, fahrlässige Tötung)
  • Zivilrechtlich: Schadensersatz bei schuldhafter Pflichtverletzung
  • Arbeitsrechtlich: Abmahnung oder Kündigung bei Pflichtverletzung
  • Ordnungswidrig: Bußgelder bei Verstößen gegen Arbeitsschutzvorschriften

Versicherungsschutz

Befähigte Personen sollten über ausreichenden Versicherungsschutz verfügen:

  • Betriebshaftpflicht: Deckung durch Arbeitgeber (bei Angestellten)
  • Berufshaftpflicht: Zusätzliche Absicherung für selbstständige Prüfer
  • Deckungssumme: Mind. 3 Mio. € für Personenschäden, 1 Mio. € für Sachschäden

Nachweis der Qualifikation

Dokumentation der Befähigung

Der Arbeitgeber muss die Befähigung dokumentieren und nachweisen können:

  • Ausbildungsnachweise: Gesellenbrief, Meisterbrief, Diplom
  • Berufserfahrung: Arbeitsverträge, Tätigkeitsnachweise
  • Schulungszertifikate: Nachweise über Schulungen zur befähigten Person
  • Beauftragung: Schriftliche Bestellung als befähigte Person durch Arbeitgeber
  • Fortbildungen: Nachweise über regelmäßige Weiterbildungen

Vorlage bei Prüfungen

Bei Kontrollen durch Berufsgenossenschaft oder Gewerbeaufsicht sind vorzulegen:

  • Nachweis der Ausbildung (Kopie des Abschlusszeugnisses)
  • Nachweis der Berufserfahrung (z.B. Arbeitszeugnisse)
  • Schulungszertifikat zur befähigten Person (falls vorhanden)
  • Schriftliche Beauftragung durch den Arbeitgeber
  • Aktuelle Prüfprotokolle als Nachweis der Tätigkeit

Tipp: Digitale Qualifikationsnachweise

Mit SafePoint795 können Sie Qualifikationsnachweise direkt im System hinterlegen. Bei jeder Prüfung wird automatisch dokumentiert, welche befähigte Person die Prüfung durchgeführt hat – inklusive Zertifikatsnummer und Gültigkeitsdauer.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der Unterschied zwischen befähigter und sachkundiger Person?

Die befähigte Person ist in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und TRBS 1203 definiert und führt wiederkehrende Prüfungen durch. Die sachkundige Person ist höher qualifiziert und führt komplexere Prüfungen durch, z.B. nach außergewöhnlichen Ereignissen oder bei sicherheitstechnischen Änderungen.

Welche Qualifikation braucht eine befähigte Person für Anschlageinrichtungen?

Eine befähigte Person benötigt eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem relevanten Bereich, mindestens 1 Jahr Berufserfahrung, zeitnahe berufliche Tätigkeit sowie Kenntnisse der einschlägigen Normen und Vorschriften. Eine Schulung zur befähigten Person wird empfohlen.

Kann ich als Handwerker Anschlageinrichtungen prüfen?

Ja, wenn Sie die Anforderungen an eine befähigte Person erfüllen: Abgeschlossene Ausbildung (z.B. Dachdecker, Zimmerer, Metallbauer), mindestens 1 Jahr Berufserfahrung, aktuelle Tätigkeit im Bereich und Kenntnis der relevanten Normen. Eine Schulung zur befähigten Person ist empfehlenswert.

Muss eine befähigte Person zertifiziert sein?

Nein, es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Zertifizierung für befähigte Personen. Die Befähigung wird durch den Arbeitgeber festgestellt. Allerdings können Schulungsnachweise und Zertifikate die Qualifikation dokumentieren und sind bei Prüfungen durch Behörden hilfreich.

Kann ich als befähigte Person auch für andere Betriebe prüfen?

Ja, befähigte Personen können auch als externe Prüfer für andere Betriebe tätig werden. Wichtig ist, dass die Unabhängigkeit gewährleistet ist und keine wirtschaftlichen Abhängigkeiten bestehen, die die Objektivität der Prüfung beeinträchtigen könnten. Viele Dachdecker- und Metallbaubetriebe bieten Prüfdienstleistungen als Zusatzgeschäft an.

Wie oft muss ich mich als befähigte Person fortbilden?

Es gibt keine gesetzlich festgelegte Fortbildungspflicht, jedoch wird eine Auffrischung alle 3-5 Jahre empfohlen. Bei wesentlichen Änderungen der Normen oder Vorschriften (z.B. Überarbeitung der DIN EN 795) sollte eine Fortbildung früher erfolgen. Die Teilnahme an Fortbildungen dokumentiert die aktuelle Fachkunde und ist bei Kontrollen hilfreich.

Darf ich als befähigte Person die Anschlageinrichtungen prüfen, die ich selbst montiert habe?

Für die Erstprüfung nach Montage ist dies grundsätzlich möglich, wenn Sie die Befähigung nachweisen können. Allerdings ist eine unabhängige Prüfung durch eine andere Person empfehlenswert (4-Augen-Prinzip). Für die wiederkehrende jährliche Prüfung können Sie auch selbst montierte Anschlageinrichtungen prüfen, sofern die Objektivität gewährleistet ist. Dokumentieren Sie in diesem Fall besonders sorgfältig.

Was passiert, wenn bei der Prüfung Mängel festgestellt werden?

Als befähigte Person müssen Sie festgestellte Mängel im Prüfprotokoll dokumentieren und nach Schweregrad bewerten: Geringfügige Mängel (z.B. verschmutzte Kennzeichnung) können bis zur nächsten Prüfung behoben werden. Erhebliche Mängel (z.B. beginnende Korrosion) erfordern eine zeitnahe Behebung innerhalb einer festgelegten Frist. Gefährliche Mängel (z.B. gerissene Seile, lose Befestigung) führen zur sofortigen Stilllegung – die Anschlageinrichtung darf nicht mehr benutzt werden, bis der Mangel behoben ist.

Kann ein Meister automatisch als befähigte Person gelten?

Ein Meister (z.B. Dachdeckermeister, Metallbauermeister) erfüllt in der Regel die formalen Anforderungen an eine befähigte Person (Ausbildung, Berufserfahrung). Jedoch muss zusätzlich diespezifische Fachkunde für Anschlageinrichtungen nachgewiesen werden: Kenntnisse der DIN EN 795, DGUV Information 201-056, BetrSichV und praktische Erfahrung mit Prüfungen. Eine Schulung zur befähigten Person für Anschlageinrichtungen wird daher auch für Meister empfohlen.

Wie dokumentiere ich meine Qualifikation als befähigte Person?

Stellen Sie folgende Unterlagen zusammen: (1) Ausbildungsnachweis (Gesellenbrief, Meisterbrief), (2) Berufserfahrung (Arbeitszeugnisse, die relevante Tätigkeiten belegen), (3) Schulungszertifikat zur befähigten Person (falls vorhanden), (4) Schriftliche Bestellung durch den Arbeitgeber, (5) Fortbildungsnachweise. Bewahren Sie diese Unterlagen griffbereit auf – bei BG-Kontrollen werden sie regelmäßig angefordert.

Wer trägt die Haftung, wenn nach meiner Prüfung ein Unfall passiert?

Die Haftung hängt von der Sorgfalt Ihrer Prüfung ab: Wenn Sie die Prüfung ordnungsgemäß und gewissenhaft durchgeführt haben und den Mangel nicht erkennen konnten, tragen Sie in der Regel keine Haftung. Bei grober Fahrlässigkeit (z.B. offensichtliche Mängel übersehen, Prüfung nicht durchgeführt) können Sie persönlich haften – strafrechtlich, zivilrechtlich und arbeitsrechtlich.Wichtig: Dokumentieren Sie die Prüfung sorgfältig und im Zweifelsfall lieber zu kritisch bewerten. Eine Betriebshaftpflichtversicherung deckt in der Regel Schäden aus Ihrer Tätigkeit als befähigte Person ab.

Kann ich als Quereinsteiger befähigte Person werden?

Als Quereinsteiger ohne handwerkliche Ausbildung im Baubereich ist der Weg zur befähigten Person schwieriger, aber nicht unmöglich. Sie benötigen eine umfassende Schulung (mehrtägig) und müssenmehrjährige praktische Erfahrung mit Anschlageinrichtungen nachweisen. Eine Alternative ist die Qualifikation als Fachkraft für Arbeitssicherheit mit Schwerpunkt Absturzsicherung. Der Arbeitgeber muss im Einzelfall prüfen, ob die Qualifikation ausreicht. Bei Zweifeln sollten Sie eine sachkundige Person hinzuziehen.

Welche Werkzeuge und Prüfmittel benötige ich für Prüfungen?

Grundausstattung: Sichtprüfung (Taschenlampe, Lupe für Risse/Korrosion), Funktionsprüfung(Drehmomentschlüssel für Befestigungsschrauben), Messprüfung bei Typ C/D (Seilspannungsmesser, Maßband für Durchhang), Dokumentation (Kamera für Fotos, Prüfprotokoll-Vorlagen),Sicherheit (PSAgA für eigene Absturzsicherung bei Prüfung). Spezielle Messgeräte können je nach Systemtyp erforderlich sein. Alle Prüfmittel müssen selbst kalibriert/geprüft sein.

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