DGUV Information 201-056
Die DGUV Information 201-056 "Planungsgrundlage - Anschlageinrichtungen" ist das zentrale Dokument für die sichere Planung, Montage und den Betrieb von Anschlageinrichtungen. Dieser Leitfaden erklärt die wichtigsten Anforderungen und Umsetzungshilfen.
Was ist die DGUV Information 201-056?
Die DGUV Information 201-056 (früher: BGI/GUV-I 8573) ist eine Handlungshilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zur Planung und Ausführung von Anschlageinrichtungen zur Absturzsicherung.
Zweck und Ziele
- Planungshilfe für Anschlageinrichtungen nach DIN EN 795
- Praktische Umsetzung der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- Konkretisierung des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG)
- Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung
- Hinweise zu Montage, Prüfung und Dokumentation
Rechtlicher Status
DGUV Informationen sind keine Rechtsnormen, sondern Empfehlungen und Hilfestellungen zur Umsetzung gesetzlicher Anforderungen. Sie gelten jedoch alsStand der Technik und sollten beachtet werden:
- Vermutungswirkung: Wer sich an DGUV Informationen hält, handelt rechtskonform
- Abweichung möglich: Alternative Lösungen sind zulässig, wenn sie gleichwertig sind
- Haftungsrelevant: Im Schadensfall wird geprüft, ob die DGUV Information beachtet wurde
- Berufsgenossenschaften: BG-Aufsichtspersonen prüfen anhand der DGUV Informationen
Aktuelle Fassung
DGUV Information 201-056 (Stand: Dezember 2022)
- Herausgeber: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)
- Umfang: 64 Seiten
- Sprache: Deutsch
- Bezug: Kostenlos als PDF bei der DGUV
- Ersetzt: BGI/GUV-I 8573 (2008)
Inhalt und Geltungsbereich
Geltungsbereich
Die DGUV Information 201-056 gilt für:
- Anschlageinrichtungen Typ A-E nach DIN EN 795
- Permanente und temporäre Anschlageinrichtungen
- Innen- und Außenbereiche (Dächer, Fassaden, Hallen, etc.)
- Neu- und Bestandsbauten
- Gewerbliche und öffentliche Einrichtungen
Nicht erfasst
Die DGUV Information 201-056 gilt nicht für Anschlageinrichtungen im Bergbau, Steigschutzeinrichtungen an Leitern und persönliche Absturzschutzausrüstung (PSAgA). Für diese Bereiche gelten eigene Regelwerke.
Struktur und Kapitel
| Kapitel | Inhalt |
|---|---|
| 1. Einleitung | Zweck, Anwendungsbereich, rechtliche Grundlagen |
| 2. Begriffsbestimmungen | Definitionen und Fachbegriffe |
| 3. Gefährdungsbeurteilung | Ermittlung und Bewertung von Absturzgefahren |
| 4. Planung | Auswahl, Dimensionierung, Anordnung |
| 5. Montage | Installation, Befestigung, Dokumentation |
| 6. Prüfung | Prüffristen, Prüfumfang, Befähigte Person |
| 7. Instandhaltung | Wartung, Instandsetzung, Austausch |
| 8. Dokumentation | Montage- und Prüfprotokolle, Archivierung |
| Anhänge | Praxisbeispiele, Checklisten, Musterprotokolle |
Anforderungen an die Planung
Gefährdungsbeurteilung
Die DGUV Information 201-056 fordert eine systematische Gefährdungsbeurteilung vor der Planung von Anschlageinrichtungen:
1. Ermittlung der Gefährdungen
- Welche Arbeiten sind in der Höhe durchzuführen?
- Wo befinden sich Absturzkanten und -stellen?
- Wie hoch ist die Absturzhöhe?
- Wie häufig werden die Arbeiten durchgeführt?
- Wie viele Personen arbeiten gleichzeitig?
2. Bewertung der Gefährdungen
- Wie wahrscheinlich ist ein Absturz?
- Wie schwer wären die Folgen?
- Welche Schutzmaßnahmen sind erforderlich?
3. Festlegung von Schutzmaßnahmen
- Technische Maßnahmen (Geländer, Anschlageinrichtungen)
- Organisatorische Maßnahmen (Betriebsanweisungen, Unterweisungen)
- Persönliche Schutzausrüstung (PSAgA)
Rangfolge der Schutzmaßnahmen (TOP-Prinzip)
- Technische Maßnahmen (T): Absturzsicherung durch Geländer, Umwehrungen, Seitenschutz – kein PSAgA erforderlich
- Organisatorische Maßnahmen (O): Arbeitsvorbereitung, Betriebsanweisungen, Unterweisungen, Zugangsregelungen
- Persönliche Schutzausrüstung (P): PSAgA in Verbindung mit Anschlageinrichtungen – nur wenn technische Maßnahmen nicht möglich
Wichtig: Anschlageinrichtungen sind PSAgA
Nach der DGUV Information 201-056 sind Anschlageinrichtungen Teil der persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA). Sie kommen nur zum Einsatz, wenn kollektive Schutzmaßnahmen (z.B. Geländer) nicht realisierbar sind.
Auswahl des geeigneten Typs
Die DGUV Information gibt Entscheidungshilfen für die Typenwahl:
| Typ | Geeignet für | Personenanzahl |
|---|---|---|
| Typ A | Punktuelle Arbeiten, einzelne Arbeitsplätze | 1 Person |
| Typ B | Temporäre, mobile Arbeitsplätze | 1 Person |
| Typ C | Lineare Arbeitsbereiche, Dachkanten | 2-6 Personen |
| Typ D | Lineare Bereiche mit hoher Nutzungsfrequenz | 2-6 Personen |
| Typ E | Spezielle Anwendungen (Dächer mit geringer Tragfähigkeit) | 1 Person |
Planungsaspekte
- Erreichbarkeit: Sichere Zugänglichkeit der Anschlageinrichtungen
- Bewegungsfreiheit: Ausreichende Arbeitsbereiche ohne Sturzgefahr
- Pendeln: Minimierung der Pendelbewegung bei Sturz
- Freier Fall: Begrenzung der freien Fallhöhe
- Bodenfreiheit: Ausreichender Abstand zu Boden oder Hindernissen
- Rettungskonzept: Planung der Personenrettung nach Sturz
Montage und Installation
Anforderungen an Montagefirmen
Die DGUV Information 201-056 stellt klare Anforderungen an die Installation:
- Fachbetrieb: Montage durch qualifizierte Fachfirma mit Erfahrung
- Sachkunde: Monteure müssen über erforderliche Sachkunde verfügen
- Herstellervorgaben: Strikte Einhaltung der Montageanleitungen
- Statischer Nachweis: Bei erforderlich durch Sachverständigen
- Eigensicherung: Monteure müssen selbst gesichert arbeiten
Untergrundprüfung
Vor der Montage muss die Tragfähigkeit des Untergrunds geprüft werden:
Tragfähigkeitsnachweis erforderlich für:
- Beton: Druckfestigkeit, Bewehrung, Risse
- Stahl: Blechdicke, Korrosion, Schweißnähte
- Holz: Holzart, Feuchtigkeit, Tragfähigkeit
- Mauerwerk: Festigkeit, Verband, Alter
Befestigungsmittel
Nur geprüfte und zugelassene Befestigungsmittel dürfen verwendet werden:
- Zulassung: ETA, DIBt-Zulassung oder gleichwertig
- Herstellervorgabe: Ausschließlich vom Hersteller freigegebene Befestigungsmittel
- Dimensionierung: Ausreichende Tragfähigkeit für Sturzlasten
- Korrosionsschutz: Geeignet für die Umgebungsbedingungen
Dokumentation der Montage
Nach Abschluss der Montage ist ein Montageprotokoll zu erstellen (siehe Kapitel 8):
- Technische Daten der Anschlageinrichtung
- Angaben zu Befestigung und Untergrund
- Statische Nachweise (wenn erforderlich)
- Fotos der Installation
- Herstellerunterlagen und CE-Dokumentation
- Freigabe zur Nutzung
Prüfung und Instandhaltung
Prüfpflichten nach DGUV Information 201-056
| Prüfart | Zeitpunkt | Durchführung |
|---|---|---|
| Prüfung vor Inbetriebnahme | Nach Montage, vor erster Benutzung | Befähigte Person |
| Sichtprüfung durch Anwender | Vor jeder Benutzung | Geschulter Mitarbeiter |
| Wiederkehrende Prüfung | Mindestens jährlich | Befähigte Person |
| Außerordentliche Prüfung | Nach Sturz, Beschädigung, Umbau | Befähigte/Sachkundige Person |
Befähigte Person
Die DGUV Information 201-056 beschreibt die Anforderungen an die befähigte Person:
- Berufsausbildung: Abgeschlossene Ausbildung im relevanten Bereich
- Berufserfahrung: Mind. 1 Jahr praktische Tätigkeit
- Zeitnahe Tätigkeit: Aktuelle berufliche Beschäftigung
- Fachkenntnisse: Kenntnis der Normen, Vorschriften und technischen Regeln
- Schulung: Weiterbildung zur befähigten Person empfohlen
Prüfumfang
Die wiederkehrende Prüfung umfasst gemäß DGUV Information 201-056:
- Sichtprüfung aller sichtbaren Komponenten
- Funktionsprüfung beweglicher Teile
- Prüfung der Befestigung und des Untergrunds
- Kontrolle der Kennzeichnung und Dokumentation
- Bei Bedarf: Messungen (Durchhang, Seilspannung, etc.)
Instandhaltung
- Wartung: Regelmäßige Reinigung, Schmierung, Korrosionsschutz
- Instandsetzung: Mängelbehebung durch Fachfirma
- Austausch: Nur Originalteile des Herstellers verwenden
- Dokumentation: Alle Instandhaltungsmaßnahmen dokumentieren
Dokumentationspflichten
Geforderte Unterlagen
Die DGUV Information 201-056 fordert eine umfassende Dokumentation:
Bei der Montage
- Montageprotokoll
- Statische Berechnung
- Herstellerunterlagen
- CE-Konformitätserklärung
- Fotos der Installation
- Freigabebescheinigung
Bei der Prüfung
- Prüfprotokolle (jährlich)
- Dokumentation von Mängeln
- Maßnahmenplan zur Mängelbehebung
- Nachweise über Instandsetzungen
- Prüfplaketten
- Aktualisierte Betriebsanweisung
Aufbewahrung
Die Dokumentation muss aufbewahrt werden:
- Dauer: Gesamte Nutzungsdauer + 10 Jahre nach Demontage (empfohlen)
- Ort: Zugänglich für Prüfer und Berufsgenossenschaft
- Form: Papier oder digital (revisionssicher)
- Verantwortlich: Betreiber der Anschlageinrichtung
Digitale Dokumentation mit SafePoint795
SafePoint795 erfüllt alle Anforderungen der DGUV Information 201-056:
- ✓ Montageprotokolle nach DGUV-Vorgaben
- ✓ Prüfprotokolle mit typ-spezifischen Checklisten
- ✓ Automatische Prüffristen-Verwaltung
- ✓ Revisionssichere Archivierung
- ✓ QR-Code-basierte Identifikation
- ✓ Zugriff für Prüfer und Behörden
Praxisbeispiele zur DGUV Information 201-056
Diese Praxisbeispiele illustrieren die konkrete Anwendung der DGUV Information 201-056:
Beispiel 1: Neubau Lagerhalle – Planung von Anfang an
Ausgangssituation:
Ein Logistikunternehmen plant eine neue 80m x 40m Lagerhalle mit Flachdach. Das Dach muss für Wartungsarbeiten (Lüftung, Entwässerung) begehbar sein. Wie wird die Absturzsicherung nach DGUV Information 201-056 geplant?
Planungsprozess nach DGUV 201-056:
- Gefährdungsbeurteilung (Kapitel 3):
- Absturzhöhe: 8m (erhebliche Gefährdung)
- Begehungshäufigkeit: Ca. 6x jährlich für Wartung
- Personenanzahl: Meist 2 Personen gleichzeitig
- Witterung: Ganzjährig, auch bei Wind/Regen
- Rangfolge der Schutzmaßnahmen prüfen (Kapitel 3.3):
- Technische Maßnahmen: Seitenschutz/Geländer nicht praktikabel (behindert Wartung)
- Organisatorische Maßnahmen: Zugangsbeschränkung möglich
- PSAgA: Anschlageinrichtungen erforderlich
- Auswahl des Typs (Kapitel 4.2):
- Entscheidung: Typ C Seilsystem (horizontal) entlang Dachrand und Mittelachse
- Begründung: 2 Personen, große Bewegungsfreiheit, regelmäßige Nutzung
- Alternative erwogen: Einzelpunkte (Typ A) – verworfen wegen eingeschränkter Bewegung
- Dimensionierung (Kapitel 4.3):
- 3 Seilsysteme à 40m Länge (beide Längsseiten + Mittelachse)
- Abstand zur Absturzkante: 2,5m (Pendelbewegung berücksichtigt)
- Verankerungspunkte alle 15m (Durchhangberechnung nach Herstellervorgabe)
- Freie Fallhöhe max. 1,5m mit Falldämpfer
- Statischer Nachweis (Kapitel 5.3):
- Tragwerksplaner berechnet Verankerungslasten (ca. 6 kN pro Anker)
- Untergrund: Stahlbetondecke ausreichend tragfähig
- Befestigung: Chemische Anker M12 in Beton C30/37
Ergebnis:
- Installation durch zertifizierten Fachbetrieb gemäß Kapitel 5
- Vollständige Dokumentation: Montageprotokoll, Statik, Fotos, Herstellerunterlagen
- Betriebsanweisung und Rettungskonzept erstellt (Kapitel 3.4)
- Prüfintervall: 12 Monate (Kapitel 6.2), Prüfer beauftragt
- Kosten: Ca. 12.000 € Material + Montage (einmalig), jährliche Prüfung ca. 800 €
Beispiel 2: Bestandsimmobilie – Nachrüstung
Ausgangssituation:
Ein Wohnungsbauunternehmen verwaltet 15 Mehrfamilienhäuser aus den 1980er Jahren. Die Dächer wurden bisher ohne Absturzsicherung betreten (Schornsteinfeger, Dachdecker). Nach BG-Kontrolle wird Nachrüstung gefordert.
Vorgehen nach DGUV Information 201-056:
- Bestandsaufnahme:
- 15 Gebäude mit Satteldächern (35° Neigung)
- Zugang über Dachluken
- Begehung 2-3x jährlich (Schornsteinfeger, gelegentlich Reparaturen)
- Gefährdungsbeurteilung (Kapitel 3):
- Absturzhöhe: 7-10m je nach Gebäude
- Neigung: 35° = Absturzgefahr beim Begehen
- Häufigkeit: Gering, aber regelmäßig
- Fazit: Absturzsicherung zwingend erforderlich
- Typ-Auswahl (Kapitel 4):
- Typ A (Einzelanschlagpunkte) gewählt wegen:
- - Geringe Nutzungsfrequenz (2-3x/Jahr)
- - Meist nur 1 Person gleichzeitig
- - Kostengünstigste Lösung
- - Einfache Nachrüstung möglich
- Anordnung (Kapitel 4.4):
- 3 Anschlagpunkte pro Gebäude: Near Dachausstieg, Firstbereich, gegenüberliegende Seite
- Montage auf Dachsparren (Holzkonstruktion)
- Abstände so gewählt, dass alle Bereiche erreichbar
- Untergrundprüfung (Kapitel 5.2):
- Zustand der Dachsparren prüfen (Feuchtigkeit, Festigkeit)
- Bei 2 Gebäuden: Sparren verstärkt wegen Altersschwäche
- Befestigung: Dachhaken mit Sparrenanker (6x Schrauben)
- Dokumentation (Kapitel 8):
- Montageprotokoll für jeden Anschlagpunkt (45 Stück gesamt)
- Fotos: Montagesituation, Befestigung, Untergrund
- Dachpläne mit nummerierten Anschlagpunkten
- Herstellerunterlagen hinterlegt
Ergebnis:
- Gesamtkosten: Ca. 10.500 € (45 Anschlagpunkte à 150 € + Montage)
- Jährliche Prüfung: 1.200 € (alle 45 Anschlagpunkte)
- BG-Auflage erfüllt, Haftungsrisiko minimiert
- Mitarbeiter und Dienstleister (Schornsteinfeger) unterwiesen
Beispiel 3: Photovoltaik-Anlagen – Spezielle Anforderungen
Ausgangssituation:
Ein Energiedienstleister betreibt 50 Photovoltaik-Anlagen auf verschiedenen Dächern. Die Anlagen müssen regelmäßig gereinigt und gewartet werden. Absturzsicherung muss nachgerüstet werden, ohne die PV-Module zu beschädigen.
Besondere Herausforderungen:
- PV-Module dürfen nicht durchbohrt werden (Garantieverlust)
- Schattenbildung durch Anschlageinrichtungen minimieren
- Häufige Begehung (alle 3 Monate Reinigung)
- Mehrere Personen arbeiten gleichzeitig
Lösung nach DGUV Information 201-056:
- Typ-Auswahl (Kapitel 4):
- Typ C Seilsysteme entlang der Modulflächen
- Begründung: Hohe Bewegungsfreiheit, mehrere Personen, häufige Nutzung
- Spezielle Montagelösung:
- Verankerung an Dachunterkonstruktion (nicht auf PV-Modulen)
- Seilführung über der Modulebene (minimale Verschattung)
- Spezielle PV-Anschlagpunkte mit integrierten Kabeldurchführungen
- Gefährdungsbeurteilung (Kapitel 3):
- Zusatzgefahr: Rutschige PV-Module bei Nässe
- Maßnahme: Rutschhemmende Arbeitsschuhe vorgeschrieben
- Verkürzte Prüffrist: 6 Monate wegen hoher Nutzungsfrequenz
- Dokumentation (Kapitel 8):
- Abstimmung mit PV-Modulhersteller dokumentiert
- Garantiebestätigung: Keine Beeinträchtigung durch Anschlageinrichtungen
- Spezielle Betriebsanweisung für Arbeiten auf PV-Anlagen
Ergebnis:
- Sichere Wartung der PV-Anlagen gewährleistet
- PV-Modulgarantie bleibt bestehen
- Investition: Ca. 180.000 € (50 Anlagen à 3.600 €)
- Amortisation über erhöhte Anlagenverfügbarkeit und reduziertes Haftungsrisiko
Beispiel 4: Industriehalle – Rettungskonzept
Ausgangssituation:
Ein Produktionsbetrieb hat ein Typ D Schienensystem auf dem Hallendach installiert. Die DGUV Information 201-056 fordert in Kapitel 3.4 ein Rettungskonzept. Wie wird dies umgesetzt?
Rettungskonzept nach DGUV 201-056:
- Risikobewertung:
- Bei Sturz: Person hängt im Gurt (Hängetrauma-Gefahr)
- Höhe: 12m (Rettung mit Leiter nicht möglich)
- Verfügbarkeit Rettungskräfte: Feuerwehr Anfahrtszeit 15 Min.
- Fazit: Betriebliches Rettungskonzept erforderlich
- Maßnahmen:
- 2 Mitarbeiter als betriebliche Höhenretter ausgebildet (3-Tages-Schulung)
- Rettungsset bereitgestellt: Abseilgerät, Seilrolle, Rettungsgurt
- Übungen: Halbjährliche Rettungsübungen durchgeführt
- Alarmierungsplan: Klare Verantwortlichkeiten und Telefonnummern
- Dokumentation:
- Rettungskonzept schriftlich dokumentiert
- Schulungsnachweise der Höhenretter
- Protokolle der Rettungsübungen
- Wartungsnachweise für Rettungsausrüstung
- Betriebsanweisung (Kapitel 3.4):
- Verhalten bei Sturz eines Kollegen
- Alarmierung der Höhenretter
- Erste-Hilfe-Maßnahmen nach Rettung
- Dokumentation des Unfalls
Kosten und Nutzen:
- Ausbildung Höhenretter: Ca. 2.500 € (2 Personen)
- Rettungsausrüstung: Ca. 3.000 €
- Jährliche Übungen: Ca. 800 € (Zeitaufwand)
- Nutzen: Schnelle Rettung (unter 5 Minuten statt 15+ Min.), reduziertes Gesundheitsrisiko
Erfolgsfaktor: Systematisches Vorgehen
Die DGUV Information 201-056 bietet eine strukturierte Vorgehensweise von der Gefährdungsbeurteilung über Planung und Montage bis zur Prüfung und Instandhaltung. Wer dieser Systematik folgt, erfüllt nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern schafft auch ein sicheres Arbeitsumfeld und minimiert Haftungsrisiken.
Verantwortlichkeiten
Betreiber
Der Betreiber (i.d.R. Arbeitgeber) trägt die Hauptverantwortung:
- Gefährdungsbeurteilung durchführen
- Geeignete Anschlageinrichtungen auswählen und bereitstellen
- Installation durch Fachfirma beauftragen
- Regelmäßige Prüfungen veranlassen
- Dokumentation führen und archivieren
- Mitarbeiter unterweisen
- Mängel beheben lassen
Planer / Architekt
- Absturzsicherung bereits in der Planung berücksichtigen
- Geeignete Anschlageinrichtungen vorsehen
- Statische Anforderungen definieren
- Zugänglichkeit und Wartbarkeit planen
Montagefirma
- Fachgerechte Installation nach Herstellervorgaben
- Untergrundprüfung und statische Nachweise
- Montageprotokoll erstellen
- Einweisung des Betreibers
Prüfer (Befähigte Person)
- Regelmäßige Prüfung durchführen
- Mängel erkennen und bewerten
- Prüfprotokoll erstellen
- Betreiber über Mängel informieren
- Ggf. Stilllegung veranlassen
Anwender
- Sichtprüfung vor jeder Benutzung
- PSAgA korrekt anlegen und anschlagen
- Mängel melden
- Betriebsanweisung beachten
Häufig gestellte Fragen
Was regelt die DGUV Information 201-056?
Die DGUV Information 201-056 ist eine Planungsgrundlage für Anschlageinrichtungen. Sie gibt Hinweise zur Auswahl, Planung, Montage, Prüfung und Dokumentation von Anschlageinrichtungen nach DIN EN 795 und unterstützt bei der Gefährdungsbeurteilung.
Ist die DGUV Information 201-056 verpflichtend?
DGUV Informationen sind keine Rechtsnormen, sondern Empfehlungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings konkretisieren sie die Anforderungen aus Gesetzen und Verordnungen (BetrSichV, ArbSchG) und gelten als Stand der Technik. Eine Abweichung erfordert gleichwertige Maßnahmen.
Für wen ist die DGUV Information 201-056 relevant?
Die DGUV Information richtet sich an Arbeitgeber, Planer, Architekten, Montagefirmen, Prüfer und alle Personen, die mit der Planung, Installation oder Prüfung von Anschlageinrichtungen befasst sind.
Wie unterscheidet sich die DGUV Information 201-056 von der DIN EN 795?
Die DIN EN 795 ist eine europäische Produktnorm für Anschlageinrichtungen. Die DGUV Information 201-056 ergänzt diese um praktische Hinweise zur Planung, Montage und Betrieb unter Berücksichtigung des deutschen Arbeitsschutzrechts.
DGUV-konforme Dokumentation
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